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Die Verlegung des Muehlwehrs der Mittleren Muehle (Erlass d. koenigl. wuertt. Regierung)
von Königlich Württembergische Regierung des Schwarzwaldkreises
 

 


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Die Verlegung des Muehlwehrs der Mittleren Muehle (Erlass d. koenigl. wuertt. Regierung)  

Flusskilometer: Lohmühle 88.5 [Lageplan]
Geschichte beginnt im Jahr: 1867 [Was damals in der Welt geschah]
Verfasser der Geschichte bzw. der Abbildungen: Königlich Württembergische Regierung des Schwarzwaldkreises
Für den virtuellen Flößerpfad bearbeitet durch: Peter Weidenbach, e-mail: weidenbach_bad_liebenzell@hotmail.com
 

Anmerkung der Redaktion: Das alte Längenmaß "Fuß" wurde mit einem Auslassungszeichen (') abgekürzt, ein Fuß entspricht 0,286 Meter. Das alte Maß "Zoll" wurde im Text mit zwei Auslassungszeichen (' ') abgekürzt, es entspricht 2,86 cm.


Auf den Bericht vom 19. November v. Jahres (Anm. d. Red.: gemeint ist das Jahr 1867) will man dem Gesuche des Müllers Michael Weidenbach und des Bauern Mathias Beilharz von Ehlenbogen um Erlaubniß, ihr Mühl- beziehungsweise Wässerungswehr in der Kinzig weiter bachaufwärts zu verlegen, unter folgenden Bestimmungen entsprochen haben:

  1. das gemeinschaftliche Mühl- und Wässerungswehr in der Kinzig bei A. des Situationsplans, darf nach B. 60´ weiter bachaufwärts, verlegt werden. Dasselbe soll normal zur Bachrichtung, auf die ganze Breite des Baches, also 18´ lang angelegt werden.
  2. Die Schwelle oder der Fachbaum des neuen Wehrs soll so in das Kinzigbett eingelegt werden, daß ihre horizontale Oberfläche mit der Bachsohle bündig, oder 7,55´´ unter dem an 2, zu beiden Seiten ganz nahe am Wehr stehenden Bäumen, durch Wasserbautechniker Schäfer angebrachten prov. Eichzeichen liegt.
  3. Die Kinzigsohle ist 10´ oberhalb und 20´ unterhalb der Wehrschwelle durch eine Holzbepritschung, welche solide auf Querschwellen aufzunadeln ist gegen Auskolkung jederzeit sich zu stellen. Die beiderseitigen Wehrwände sind auf dieselbe Länge und auf ihre ganze Höhe ebenfalls mit solid verdiebelten Balkenwänden, die fest an das rückliegende Terrain zu verankern sind, zu schützen.
  4. Auf die Wehrschwelle darf zum Betrieb der Weidenbachschen Mühle ein 10´´ hoher leicht abnehmbarer Dielenaufsatz gesetzt werden. Zum Zwecke der Wiesenbewässerung darf ausserdem während der Wässerungszeit ein 8´´ hoher beweglicher Aufsatz auf dem erstgenannten 10´´ hohen angebracht werden.
  5. Der Kanal-Einlauf darf 5´ breit werden, die Kanal-Einlaufschwelle ist in dieselbe Höhe, welche unter Ziffer 2. für die Wehrschwelle vorgeschrieben wurde, zu legen. Der Kanaleinlauf ist in Verbindung mit der anstoßenden Dohle, durch welche das Betriebs- und Wässerungswasser unter dem Vicinalweg Nro 1 hindurchzuleiten ist, solid herzustellen und mit einer bis zur Weghöhe reichenden soliden Stellfalle mit Gestell zu versehen.
  6. Das alte Wehr bei A des Situationsplanes ist vollständig auszubrechen; die Ufer sind auf 100´ unterhalb des neuen Wehres in der Normalbreite der Kinzig, regelmäßig wieder herzustellen, solid zu schützen und unklagbar zu unterhalten.
  7. Unter den Vicinalweg Nro 1 ist der Kanal in einer soliden Dohle durchzuführen, welche von den Waldbesitzern stets in gutem Zustand zu erhalten ist. Diese Verbindlichkeit der Wehrinhaber, sowie die in Ziffer 6 erwähnte Verbindlichkeit derselben zur Uferunterhaltung sind im Güterbuch vorzumerken.
  8. Die Flößerei auf der Kinzig und dem Lohmühlebach darf durch die Errichtung des Wehres in keiner Weise benachtheiligt werden.
  9. Bei eintretendem Hochasser und bei Eisgängen sind die Wehraufsätze zeitig zu entnehmen.
  10. Die Concession erlischt, wenn nicht binnen 2 Jahren davon Gebrauch gemacht wird.

Christian Heinzelmann von Büchenberg glaubt zwar, das Recht zu haben, auf der Bachstrecke zwischen dem alten Wehr und dem oberhalb desselben gelegenen Blumenweiher Flöße von 1.400` Länge einzubinden (Anm. d. Red.: das sind ca. 400 Meter!) , weil er seither (während des 21-jährigen Besitzes seiner Hofgüter) Flöße von dieser Länge unangefochten daselbst eingebunden habe und gestützt auf dieses Recht hat er, weil nach Aufwärtsverlegung des Wehres die Bachstrecke zwischen dem Blumenweiher und dem neuen Wehr die zum Einlegen von 1.400´ langen Flößen erforderliche Länge nicht mehr habe, das Verlangen gestellt, daß ihm gestattet werde, seine Flöße, soweit sie künftig im Bach zwischen dem Blumenweiher und dem neuen Wehr nicht mehr Platz haben, in dieses Wehr zu stellen.
Diesem Verlangen kann jedoch keine Folge gegeben werden. Wie bemerkt, stützt Heinzelmann dasselbe auf das vermeintliche Recht an der fraglichen Stelle Flöße von 1.400´ Länge einzubinden, und dieses Recht will er durch Verjährung der bestimmten Zeit erworben haben. Allein abgesehen davon, daß die Bachstrecke zwischen dem Blumenweiher und dem alten Wehr nach der Messung des Wasserbautechnikers Schäfer nur 1.310´ lang war, daß somit C. Heinzelmann niemals Flöße von vollen 1.400´ (Anm. d. Red.: ca. 400 Meter) Länge in derselben einlegen konnte, kann von einem durch die Verjährung der bestimmten Zeit erworbenen Rechte Heinzelmanns, die ganze fragliche Srecke mit Floßgestören zu belegen, keine Rede sein, weil die Kinzig ein öffentliches Wasser ist, an welchem Nutzungsrechte nur durch Concession der Staatsgewalt (oder durch die Verjährung der unvordenklichen Zeit, sofern diese den Titel der Concession ersetzt), nicht aber durch die 21-jährige Übung eines Privatmannes erworben werden können.

Ja es kann der Rechtstitel der Verjährung hier aus dem besonderen Grunde überhaupt nicht Platz greifen, weil etwa 90´ oberhalb des alten Wehres ein öffentlicher Fahrweg (ein Furth) durch die Kinzig führt, der durch Einlegung von Floßholz versperrt würde, dessen Benutzung als Fahrweg zu stören aber Jedermann durchaus verboten ist.

Das Oberamt hat hiervon den Bittstellern sowie dem Christian Heinzelmann von Büchenberg vorschriftsmäßig Eröffnung zu machen und für Berichtigung der erwachsenen Kosten durch die Bittsteller, sowie für die Vollziehung der zu Ziffer 6 und 7 angeordneten Eintrags in das Güterbuch Sorge zu tragen, nach Vollendung des Bauwesens aber dasselbe durch den Wasserbautechniker Schäfer unter Zuziehung der Betheiligten controliren und ein definitives Eichzeichen setzen zu lassen.

Stuttgart den 7. Februar 1868
Authenrieth

Schreiben des Oberamts Oberndorf an das Schultheißenamt Ehlenbogen hat hienach den Betheiligten und namentlich auch dem Christian Heinzelmann mit der angeschlossenen Rekursbelehrung Eröffnung zu machen, und daß dies geschehen von demselben unterzeichnen zu lassen, auch für Einsendung der Kosten Sorge zu tragen.
Oberndorf, den 10. Februar 1868
Schubarth


Schreiben des Christian Heinzelmann vom 29. Februar 1868 An Königliches Oberamt Oberndorf

Unterm heutigem Tage wurde mir das Erkenntniß Königlicher Kreisregierung v. 7. d. Ms. die Bitte des Mich. Weidenbach, u. Maths. Beilharz v. Ehlenbogen, um Verlegung ihres Mühl- und Wässerungswehr an der Kinzig eröffnet, nach welchem Erkenntnis meine Einwendungen bei dem Augenschein resp. meines Vorbringens mit meinen Flößen in das von Weidenbach und Beilharz verlegte Wehr während des Einbindens fahren zu dürfen nicht berücksichtigt werden.

Es ist mir übrigens die Fassung des Erkenntnißes nicht klar und ich kann dasselbe gar nicht verstehen, inden es namentlich in Punkt 7 heißt, daß die Dohle von den Waldbesitzern stets in gutem Zustande müße erhalten werden , was doch wahrlich die Wehr- und nicht die Waldbesitzer angeht, in Punkt 10 heißt es, daß die Concession erlischt, wenn nicht binnen 2 Jahren davon Gebrauch gemacht werde, während wo das Königliche Oberamt mit dem Bautechniker Schäfer auf Ort und Stelle kam, das betreffende Wehr bereits ausgebaut war, ohne irgens eine Erlaubnis, es ist dieses eigenmächtige Verlegen des fraglichen Wehrs von Seiten Weidenbach und Beilharz strafbar, und es scheint, daß die Königliche Kreisregierung von allem diesem keine Kenntnis erhalten hat, auch geht eine Furt weiter oben in der Kinzig, über dieselbe, wo früher eine Brücke war, und wenn alle die Furten als Weg benüzt werden, so kann ich gar kein ordentlich Floß mehr einbinden, wenn deshalb es nicht zulässig ist, so gehören Brücken gebaut, von denen, welche eine Furt haben wollen. Ich will aber gegen das fragliche Erkenntniß lediglich keine Einwendungen machen, wenn die beiden Bittsteller Weidenbach und Beilharz zu Protokoll erklären, daß ich während des Einbindens meiner Flöße in das neue von denselben verlegte Wehr mit denselben fahren darf, was dieselben mir mündlich versprochen haben, sollten jedoch die beiden Bittsteller Weidenbach und Beilharz nicht geneigt sein, dieses ihr Versprechen zu Protokoll zu erklären, so bin ich genöthigt, den Rekurs gegen das fragliche Erkenntniß anzumelden, was auch hiemit schon geschieht und werde aber auf Ausführung desselben verzichten, sobald die fragliche Erklärung von Weidenbach und Beilharz usw mir eröffnet wird, geschieht dieses aber in der mir gegebenen Nothfrist nicht, so bin ich genöthigt, den Rekurs auszuführen, was gewiß nur Unannehmlichkeiten für die Bittsteller haben kann.

Ich ersuche demnach, daß das Königliche Oberamt den Mich. Weidenbach u. Math. Beilharz über mein Ansuchen zu hören und mir ihre Erklärung in der mir gegebenen Nothfrist gefälligst zustellen zu lassen.

Auch gegen in die Furth meine Flöße während des Einbindens sage ich den Rekurs an, indem ich es bisher immer unangefochten so gehalten hab und jedenfalls auch vorher so gehalten worden wird sein, denn es wird jedesmal so besorgt, daß mann wenn auch ein Floß in der Furth liegt über dasselbe fahren kann, und die Floß kommen ja jedesmal so bald wie möglich weg und schadet deshalb wenig, aber mich würde es an jedem Floß viel schaden, ich muß ja doch auch meine Bach und Floßabgaben zahlen.

Da mir das Erkenntniß ganz unklar ist, so will ich die Erklärung von den Bittstellern usw noch abwarten.

Hochachtungsvoll
Büchenberg, den 29. Febr. 1868
Christian Heinzelmann


Erlaß der Königlich Württembergischen Regierung des Schwarzwaldkreises an das Königl. Oberamt Oberndorf

Auf den Bericht vom 4. April dieses Jahres betreffend die Beschwerde des Christian Heinzelmann von Büchenberg, Gemeindebezirk Loßburg, O/Amt Freudenstadt, wegen der dem Müller Michael Weidenbach und Genossen von Ehlenbogen ertheilten Erlaubniß, ihr Wehr in der Kinzig flußaufwärts zu verlegen, wird dem Oberamt zu erkennen gegeben, daß das Ministerium des Innern vermöge Erlasses vom 9. d. Ms. dieser Beschwerde keine Folge zu geben vermag, indem abgesehen davon, daß die vom 29. Febr. d. Js. dem Tage der Eröffnung des Regierungserlasses an Heinzelmann datierte Eingabe des Letzteren erst am 12. März 1868 also nach Ablauf der gesetzlichen Anmeldungsfrist, bei dem Oberamt Oberndorf präsentiert wurde, der Rekurs desselben aus den in dem Regierungserlasse angeführten Gründen als materiell unbegründet erscheint, in welcher Beziehung noch bemerkt werden mag, daß, wenn durch den § 12 der Floßordnung für die Kinzig vom 31. Januar 1868 die zuläßige Länge der Flöße bis zu 1400 Fuß erweitert worden ist, hieraus selbstverständlich ein Anspruch der Betheiligten, daß jede Einbindstätte für die Ausrüstung von jenes Maximum erreichenden Flößen geeignet sein müsse, in keiner Weise abgeleitet werden kann. Hiervon hat das Oberamt dem Beschwerdeführer Heizelmann sowie dem Michael Weidenbach u. Mathias Beilharz Eröffnung zu machen.

Reutlingen, dn 17. Juni 1868
Autenrieth


Das oben abgebildete Photo aus dem Jahr 1957 zeigt das Wehr an der Kinzig, um dessen Verlegung sich der dargestellte Rechtsstreit drehte. Aufgrund der Pläne der Herren Weidenbach und Beilharz wurde es um 1867/68 um ca. 20 Meter flussaufwärts verlegt, an die Stelle, an der es heute noch steht und zum Ableiten des Wassers in den Mühlekanal benutzt wird.
Am rechten Bildrand ist die Fassade des Haisten Hofes zu erkennen, an dessen Stelle sich heute die Konfiserie Heinzelmann befindet.

Die zweite Abbildung "Das Flößen des Holzes im Schwarzwalde. Nach der Natur aufgenommen von Carl Roux" mag zudem einen Eindruck über das Aussehen der damaligen Flösse geben.